Zur Pflanze
Die Passionsblume gehört zur Familie der Passionsblumengewächse, der Passifloracea. Sie ist ursprünglich in den tropischen Regenwäldern von Mittel- und Südamerika, Asien und Australien beheimatet, inzwischen weltweit mit mehr als 530 Arten vertreten und in allen tropischen und subtropischen Regionen zu finden. [1, 5, 15, 23, 24]
Sie ist eine immergrüne, ausdauernde, verholzende, gebüschbildende Kletterpflanze, deren Frucht zu den Beeren gehört. Ihre Artenvielfalt beinhaltet ein differenziertes Erscheinungsbild, die Anpassung an verschiedene klimatische und geologische Bedingungen sowie eine unterschiedliche Ausprägung von Inhaltsstoffen und ihrer Mengen. [5, 15, 24]
Da der Aufbau der Blüte symbolisch an die Passion Christi[1] erinnert, wurde er von Missionaren dazu verwendet, eingeborene Indios zu konvertieren. Er prägte auch den Namen der Pflanze. Passio aus dem Lateinischen bedeutet Leiden, flos die Blume und incarnata die Fleischgewordene. Maracuja kommt aus dem Portugiesischen, ist der indigen südamerikanischen Tupi-Sprache entlehnt und bedeutet Mara die Speise und Cuja das Gefäß. [5, 7, 10, 23, 24]
Offiziell als Heilpflanze wurde die Passionsblume 1569 von Nicolás Bautista Monardes 1439-1588, einem spanischen Arzt und Botaniker erfasst und gelangte um 1600 zunächst als Zierpflanze nach Europa. 1840 wurde sie in Amerika in die medizinische Praxis eingeführt, 1901 im Deutschen Homöopathischen Arzneibuch verzeichnet und ab 1950 findet sie offiziell phytotherapeutische Beachtung. [5, 10, 15, 16, 22, 23, 24]
Inhaltsstoffe und Verwendung
Heute, rückblickend auf nun mehr als 100 Jahre Erforschung der Passiflora incarnata, sind die Potenziale der Passionsblume zumindest im Mausversuch oder in vitro u.a. als neuronal sedativ, aphrodisierend und die Funktion der Sexualorgane verbessernd sowie ihre angst-, schmerz-, sucht- und krampflösende Wirkung untersucht. Dennoch sind derzeit weder ihre Inhaltsstoffe zur Gänze identifiziert, noch sind die internen Wirksynergisten innerhalb der einzelnen Teile der Pflanze vollständig bekannt. Zudem variieren die Inhaltsstoffmengen auch innerhalb einer Pflanzenart, weshalb die Behandlung von Beschwerden weitestgehend auf der Basis von Wissen und aus praktischen Erfahrungen der traditionellen Pflanzenheilkunde stattfindet. [1, 2, 16, 24]
Die Passionsblume ist bekannt für ihre Frucht, die Maracuja, wobei die violett-braune Frucht der Passiflora edulis v.a. zum Verzehr und die größere gelbe Frucht der Passiflora flavicarpa v.a. für den Saft und das typische Aroma verwendet wird. [3, 24]
Der Saft der Passiflora edulis enthält verschiedene Zucker (Saccharose, Glucose, Fructose), organische Säuren (Zitronen- und Apfelsäure) mit ø 30-50mg/ 100ml, ist reich an Vitamin A mit ø 700 I.U. und Vitamin C mit ø 30-50mg/100ml. In Südamerika wird der frisch gepresste Saft hyperaktiven Kindern zur Beruhigung und traditionell als Tonikum für das Herz verabreicht. [3, 8, 15, 16, 24, 43]
Verantwortlich für die beruhigende Wirkung des Saftes könnten der Gehalt von Niacin 1,5 mg/100ml (edulis), beta-Carotin 1,106% (edulis) bzw. 0,058% (flavicarpa), Riboflavin 0,13mg/100ml (edulis), sowie der geringe Gehalt an Alkaloiden mit ø 0,012% (edulis) und 0,7% (flavicarpa) sein.
Weitere traditionelle Einsatzbereiche sind u.a. entzündlichen Erkrankungen z.B. des Respirationstraktes wie Asthma, starkem Husten oder Infektionen der Harnorgane. In Madeira wird der Saft zudem als Digestiv und zur Behandlung von Magenkrebs angewendet. [8, 15]
Die im Fruchtsaft enthaltenen Aminosäuren (Arginin, Asparaginsäure, Glycin, Leucin, Lysin, Prolin, Threonin, Tyrosin, Valin) haben u.a. eine immunmodulierende, roberierende, gefäßpflegende, cholesterinausgleichende und blutdrucksende Wirkung und somit einen positiven Einfluss auf die Biosynthese verschiedener Hormone bzw. deren Vorstufen. [8, 23.1, 38]
Die Samen der Maracujafrucht enthalten zu 8,9% gesättigte und zu 84% ungesättigte Fettsäuren wie z.B. Ölsäure 19%, Palmitinsäure 6,78% und die essentielle Linolsäure mit 59,9%. Linolsäure ist eine zweifach ungesättigte Omega-6-Fettsäure, welche u.a. für die Haut und ihr Erscheinungsbild förderlich ist. Das Öl der Samen wird vorwiegend für kosmetische Zwecke verwendet. [3, 8, 35]
Die Blätter folia passiflorae und das Kraut herba passiflorae der Passiflora incarnata, selten auch das der Passiflora edulis werden in der Phytotherapie als getrocknete Droge (Tee/Infus, Kapsel) oder als alkoholischer Auszug (Tinktur/Extrakt) verwendet. [8,15]
Typisch für die Passionsblume sind die Alkaloide aus der Harman-Gruppe wie Harman, Harmin, Harmalin und Harmalol. Sie werden in der Literatur auch als Passiflorin bezeichnet. Die getrockneten Teile des Krautes der Passiflora incarnata weisen einen vergleichsweise sehr geringen Gehalt von 0,02 -0,1% an Harman-Alkaloiden auf, der u.a. krampflösend, schmerzlindernd und beruhigend wirken und für die Senkung des Bluthochdruckes mitverantwortlich gemacht werden können soll. [15, 17]
Die Wirkung der Harman-Alkaloide in der Passionsblume ist mit der von Benzodiazepinen (Diazepam) vergleichbar. Da sie jedoch keine Sucht verursachen, findet die Passionsblume zur Entwöhnung bzw. zur Behandlung von Sucht- und Entzugssymptomen durch Morphine, Nikotin und Alkohol Beachtung. Die Anwendung bei Bluthochdruck, Depressionen, Schlaflosigkeit, Epilepsie und Angstzuständen könnten auf dem gleichen Zusammenhang beruhen. [2, 6, 11, 15]
Neben den Flavonoiden Apigenin, Vitexin und Luteolin, die u.a. antientzündliche Eigenschaften besitzen und sowohl bei Bluthochdruck, Kopfschmerzen und Krämpfen als auch als Aphrodisiakum und Expectoranz positive Ergebnisse bewirken, ist auch das für die Passionsblume typische Flavonoid-Aglykon Chrysin 5,7-Dihydroflavon enthalten. [2, 11, 18]
Chrysin besitzt die Eigenschaften eines Phytohormons, denn es wirkt auf die Aromatase. Die Aromatase ist das Enzym CYP 19A1, welches im menschlichen Organismus die Biosynthese von Estrogen (Östrogen) katalysiert. Wird das Enzym Aromatase in seiner Wirkung gehemmt, bleiben die Androgene erhalten und die Produktion der Estrogene beschränkt sich auf die Keimdrüsen. Der Pflanzeninhaltsstoff Chrysin unterstützt also den Körper dabei, Androgene wirksam einsetzen zu können, denn er hemmt ihre Umwandlung zu Estrogen.
Im Zusammenhang mit dem Klimakterium virile, der Menopause aber auch bei einigen weiteren Beschwerdebildern, die mit einer Dysbalance der Sexualhormone bzw. mit Estrogenüberhang oder -abhängigkeit einhergehen, kann Chrysin als Therapeutikum von Nutzen sein. Da Chrysin auch einen Einfluss auf das Enzym COX-2 (Cyclooxygenase-2 / Prostaglandinsynthase-2) zu haben scheint, könnte es ein Potential zur Behandlung von Endometriose besitzen. [4.1, 4.2, 14.1-14.8, 18, 27]
Eine weitere besondere Eigenschaft des Chrysins ist die beruhigende, krampf- und angstlösende Wirkung, weshalb es wie auch die Haraman-Alkaloide nervöse Unruhe, Anspannung, Einschlafstörungen und Stress vermindern und die Behandlung von Sucht- bzw. Entzugsproblematiken unterstützen können soll. [2, 14.9, 15, 19]
Des Weiteren ist Chrysin scheinbar nebenwirkungsfrei, oneirogen, antikanzerogen, chemoprotektiv, immunregulativ, cardioprotektiv, es pflegt und schützt die Blutgefäße z.B. bei Arterisklerose und wirkt physiologischen und biochemischen Alterungsprozessen entgegen. Wenn man Andeutungen aus Studien und traditionellen Überlieferungen Glauben schenken mag. [2, 4.1, 4.2, 12, 14, 14.3, 14.9, 20, 21, 24, 25]
• Die in diesem Text gesammelten Angaben und Informationen sind nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert, jedoch ungeeignet, um daraus schließend, Diagnosen und Therapien selbst zu erstellen.
[1] Jesuit Ferrari, 1633 in "De florum cultura": drei Narben = Nägęl, Fadenkranz = Dornenkrone, gestielter Fruchtknoten = Kelch, fünf Staubbeutel = Wundmale, Laubblätter = Lanze, Ranken = Geißeln, weiße Farbe = Unschuld des Erlösers [5, 7]
Quellen
1 http://www.biologie-seite.de/Biologie/Passionsblumen
2 http://www.biologie-seite.de/Biologie/Passiflora_incarnata
3 http://www.biologie-seite.de/Biologie/Passiflora_edulis
4.1 http://www.hpbrasch.de/2013/08/aromatasehemmer-krebs-
pflanzen-heilkunde-inhaltsstoffe-phytotherapie/
4.2 http://www.hpbrasch.de/wp-content/uploads/2013/08/PDF-
Phytotherapeutika-und-Hormonmodulation-G.Brasch.pdf
5 http://www.henriettes-herb.com/eclectic/madaus/passiflora.html
6 http://journals.lww.com/anesthesia-analgesia/pages/articleviewer.aspx
year=2008&issue=06000&article=00019&type=Fulltext
7 http://www.forum-kirchenpaedagogik.de/blog/?p=478
8 https://hort.purdue.edu/newcrop/morton/passionfruit.html#Food%20Uses
9 http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=titel_31_2000
10 https://books.google.es/books?id=-DRACwAAQBAJ&pg=
PA108&lpg=PA108&dq=Dr.+L.+Phares,+Mississippi+1867&
source=bl&ots=VA8nvm8r6T&sig=0VSQmq7WrncVt9W3ePdx_
5QxV9Y&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwj8i-
CYhN7UAhVG1RoKHbPxA_gQ6AEILTAA#v=onepage&q=Dr.%20L.
%20Phares%2C%20Mississippi%201867&f=false
11 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/14690874
12 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28628924
13 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28610415
14 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28609844
14.1 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/m/pubmed/9831487/
14.2 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/14977449
14.3 https://www.researchgate.net/publication/10965706_Beneficial_
Effects_of_Chrysin_and_Benzoflavone_on_Virility_in_2-Year-Old_Male_Rats
14.4 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21486424
14.5 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18434361
14.6 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4468987/
14.7 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2936843/
14.8 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4004171/
14.9 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/14690874
15 http://www.rain-tree.com/passionf.htm#.WWOjNDOX_sk
16 http://www.rain-tree.com/maracuja.htm#.WWOl3zOX_sk
17 https://roempp.thieme.de/roempp4.0/do/data/RD-08-00414
18 https://roempp.thieme.de/roempp4.0/do/data/RD-03-01782
19 http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0367326X00001866
20 http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0367326X00001866
21 http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0968089604006832
22 http://supernahrung.com/chrysin/
23 http://www.avogel.ch/de/pflanzenlexikon/passiflora_incarnata.php
23.1 http://www.umm.edu/health/medical/altmed/supplement/lysine
24 https://de.wikipedia.org/wiki/Passionsblumen
25 https://www.magicgardenseeds.de/Ethnobotanik-Samen/
Traumkräuter-T.418-/
27 https://de.wikipedia.org/wiki/Aromatase
31 https://de.wikipedia.org/wiki/Harman-Alkaloide
35 https://de.wikipedia.org/wiki/Linolsäure
38 https://de.wikipedia.org/wiki/Prolin
43 https://de.wikipedia.org/wiki/Citronensäure